Gehren, 07.07.2004 - Wer kennt schon Gehren am Rande des Thüringer Waldes? So schnell niemand, aber wir alle, die wir im Bezirkschor an Rhein und Sieg mitblasen und uns auf den Weg dorthin gemacht haben.
Die evangelischen Kirchengemeinde von Gehren und Herchen an der Sieg verbindet eine lange Partnerschaft, und so hatte Mechthild Wiethege aus Herchen, Leiterin des Bezirkschores, uns zu dieser mehrtägigen Partnerschaftsbegegnung im Juni eingeladen.
Gewohnt haben wir in einem renovierten Seminar und Gästehaus in Gehren, empfehlenswert!
Gepflegte Zimmer, gutes Essen, großer Übungsraum nur für uns. Nach dem schmackhaften Willkommensessen begann sogleich die erste Probe. Vorbereitung für einen Gottesdienst in der Kirchengemeinde und für ein Ständchenblasen im Altenheim.
Ganz posaunenchorgemäß begann jeder Tag mit einem Morgenblasen auf dem Hof. Für die umliegenden Anwohner total fremd. Am ersten Tag bewegten sich ein paar Gardinen, dann machte sich mal jemand vor der Haustür zu schaffen und am letzten Morgen bekamen wir den ersten zaghaften Applaus. Das ist doch Erfolg pur!
Unser erster Ausflug ging nach Ilmenau, ich bemerkte: „Da ist der Himmel blau“ und Hartwig neben mir ergänzte „Da tanzt der Ziegenbock mit seiner Frau!“ Ja ganz richtig! Wer jemals nach Ilmenau kommt, sollte sich unbedingt die Plastik vom Ziegenbock und seiner Frau in der Fußgängerzone ansehen!
Nach dem Mittagessen wurden wir am Altenheim erwartet und konnten erleben, wie erfreut und dankbar die Senioren unsere Musik aufnahmen und bei einigen Chorälen verhalten mitsangen. Ob ich selber einmal so dasitzen werde und mich über einen Posaunenchor freue, der „ Lob Gott getrost mit singen“ spielt?
„Auf Bachs Spuren, von Arnstadt bis Gehren“, eine Wanderkarte die uns überreicht wurde, auf unsere Frage, was wir in der nahen Umgebung unbedingt sehen sollten. Nun, zum wandern war der Weg zu weit und die Zeit zu knapp. Wir nahmen das Auto und fuhren nach Dornheim, zur Traukirche von Johann Sebastian Bach, wo er seine erste Frau Maria Barbara ehelichte, Tochter seines Onkels Johann Michael Bach, der Organist in Gehren war. Wir bekamen unerwartet eine Führung in der nach der Wende schmuck wieder hergerichteten kleinen Kirche und lauschten den Ausführungen über Bachs Leben und Wirken. Natürlich baten wir darum, ein paar Bachchoräle im Kirchraum spielen zu dürfen. Einige weitere Besucher der Kirche sagten uns anschließend, wie ergriffen sie von der Musik gewesen seien. Danke, das hören wir gern, uns hat das selbst viel Freude bereitet.
Am nächsten Tag stand Weimar auf dem Programm. Ach, da gibt es so viel zu sehen und Goethes, Schillers und Herders Spuren zu folgen, vielen längst bekannt! Aber halt, zuvor ein Kleinod, das nicht alle kennen. Die Autobahnkirche von Gelmeroda, deren Fundamente aus romanischer Zeit um 1200 stammen. Sie ist klein und bescheiden, war aber das Lieblingsmotive des Künstlers Lyonel Feininger. Im Innenraum sind einige seiner Werke zu besichtigen.
Die Begegnung in der Kirchengemeinde von Gehren war der Höhepunkt und Abschluß dieser Reise. Gehren, eine von den Kirchengemeinden, die sich keinen Organisten mehr leisten können. Die Dankbarkeit über unser musikalisches Mitwirken im Gottesdienst war entsprechend groß. Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein, wo für Thüringer Bratwürstchen reichlich gesorgt war und das „Radeberger“ die Zungen löste, ergaben sich gut Gespräche. Wir erlebten ein herzliches Miteinander. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns mit einem Kurrendeblasen vor der mächtigen Kirche. Johann Sebastian Bach holte uns noch einmal in Arnstadt ein, wo wir vor der endgültigen Abreise nochmals Halt machten.
Tschüß Gehren, das waren schöne und eindrucksvolle Tage!